Seit dem 24. Mai 2011 liegt die schriftliche Fassung eines umfangreichen Beschlusses des Finanzgericht Hamburg vor, in dem sein 2. Senat darlegt, weshalb er die Vorschrift des § 8c Körperschaftsteuergesetz (KStG) für verfassungswidrig hält. Worum geht es in diesem Musterprozess, dessen Ausgang von der Fachöffentlichkeit mit Spannung verfolgt wird? Diese Vorschrift regelt die Folgen der Veräußerung von Unternehmen bzw. Anteilen an Unternehmen, bei denen Verluste entstanden sind, die grundsätzlich steuerlich auf zukünftige Veranlagungsjahre vorgetragen werden können.
Weil es für einen Erwerber interessant sein kann, solche Verlustvorträge zu übernehmen, um sie mit seinen eigenen Gewinnen zu verrechnen, wittert der Gesetzgeber hinter der Anteilsveräußerung von Kapitalgesellschaften einen missbräuchlichen Handel mit den Verlusten (so genannter „Mantelkauf“). In § 8c KStG bestimmt er, dass die Verlustübernahme vermindert bzw. ganz ausgeschlossen wird, wenn mehr als 25% bzw. mehr als 50% der Anteile veräußert werden – und ist dabei über das Ziel hinausgeschossen, wie das Finanzgericht Hamburg meint.
In dem zu entscheidenden Streitfall hatte die klagende Gesellschaft erst im dritten Jahr ihrer Tätigkeit einen Gewinn erwirtschaftet. Dieser Gewinn
bliebe steuerfrei, wenn die Verluste aus den ersten beiden Geschäftsjahren gegengerechnet würden. Weil aber einer der beiden Gesellschafter ausgestiegen war, gingen die auf seinen Anteil (48%) entfallenden Verluste nach § 8c Satz 1 KStG verloren – mit der Folge, dass die Klägerin nun Steuerbescheide über zusammen rund 100.000 EURO erhielt.
Der 2. Senat des Finanzgerichts Hamburg ist der Auffassung, dass die in § 8c KStG vorgesehene Versagung der Verlustverrechnung im Fall eines Gesellschafterwechsels gegen den im Grundgesetz verankerten Gleichheitssatz und das in ihm begründete Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verstößt. Da jedoch die Befugnis, eine Vorschrift wegen Verstoßes gegen das Grundgesetz für verfassungswidrig zu erklären, allein dem Bundesverfassungsgericht zusteht, hat das Finanzgericht Hamburg mit Beschluss vom 4. April 2011 (Aktenzeichen 2 K 33/10) den Richtern in Karlsruhe die Prüfung des § 8c KStG zur Entscheidung vorgelegt.
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