Die Europäische Kommission hat Deutschland förmlich aufgefordert, seine Erbschaft- und Schenkungsteuerbestimmungen zu ändern, weil damit Bewohner anderer EU-Mitgliedstaaten diskriminiert werden, was einen Verstoß gegen das EU-Recht auf freien Kapitalverkehr darstellt. Die Aufforderung der Kommission ergeht in Form einer „mit Gründen versehenen Stellungnahme“, dem zweiten Schritt eines EUVertragsverletzungsverfahrens. Sollte die Kommission binnen zweier Monate keine zufriedenstellende Antwort erhalten, kann sie Deutschland beim Europäischen Gerichtshof verklagen.
Nach deutschem Recht wird in Deutschland ansässigen Deutschen (je nach Verwandtschaftsgrad) ein Freibetrag bei der Erbschaftsteuer in Höhe von 500 000 EUR gewährt, während dieser Betrag nur 2000 EUR beträgt, wenn sowohl der Erblasser als auch der Erbe ihren Wohnsitz nicht in Deutschland haben. Im Fall der Schenkungsteuer gelten entsprechende Regelungen.
Nach Auffassung der Kommission sind diese Bestimmungen diskriminierend und stellen eine ungerechtfertigte Beschränkung des freien Kapitalverkehrs dar, der in Artikel 63 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und Artikel 40 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum verankert ist. Derartige Bestimmungen könnten im Ausland ansässige Deutsche davon abhalten, in Deutschland zu investieren.
Pressemitteilungen zu Vertragsverletzungsverfahren in den Bereichen Steuern undZoll finden sich unter:http://ec.europa.eu/taxation_customs/common/infringements/infringement_cases/index_de.htm
Die neuesten allgemeinen Informationen über Vertragsverletzungsverfahren gegenMitgliedstaaten finden sich unter:http://ec.europa.eu/eu_law/index_de.htmWeitere Informationen über EU-Vertragsverletzungsverfahren siehe MEMO/11/162.