Grenzüberschreitende Betriebsaufspaltung

Orientierungssatz:
Eine Betriebsaufspaltung liegt auch dann vor, wenn ein inländisches Besitzunternehmen ein im Ausland belegenes Grundstück an eine ausländische Betriebskapitalgesellschaft zur Nutzung überlässt. 

Entscheidung:
BFH, Urteil vom 17. November 2020, I R 72/16

I. Sachverhalt
Die Klägerin ist eine im Inland ansässige gemeinnützige rechtsfähige Stiftung. Sie stellte innerhalb einer Unternehmensgruppe die Konzernholding dar. Aufgrund dessen hielt sie als Alleingesellschafterin Beteiligungen an verschiedenen Kapitalgesellschaften, u.a. auch an einer niederländischen Kapitalgesellschaft, der B B.V. An diese B B.V. überließ die Klägerin ein in den Niederlanden belegenes Grundstück zur Nutzung. Die B B.V nutzte das Grundstück sodann im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit. Im Streitjahr 2012 erhielt die Klägerin von der B B.V. neben dem Nutzungsentgelt auch Dividenden ausgeschüttet.

Das Finanzamt (FA) ging von einer zwischen der Klägerin und der B B.V bestehenden Betriebsaufspaltung aus und qualifizierte deshalb die Pachtzinsen nicht als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, sondern als gewerbliche Einkünfte. Diese Einkünfte stellte das FA jedoch aufgrund des zwischen Deutschland und den Niederlanden bestehenden DBAs von der Besteuerung frei. Hinsichtlich der ausgeschütteten Dividenden vertrat das FA die Ansicht, dass auch diese als gewerbliche Einkünfte zu behandeln seien und deshalb 5 % als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben zu berücksichtigen seien und veranlagte die Klägerin entsprechend mit Körperschaftsteuerbescheid 2012. Der hiergegen eingelegt Einspruch blieb ebenso wie die sodann erhobene Klage erfolglos. Auch die von der Klägerin eingelegte Revision blieb insoweit der Erfolg versagt.

II. Entscheidungsgründe

Der BFH trat der Rechtsansicht der Vorinstanz bei und bejahte, dass dem Gewinn der Klägerin gemäß § 8b Abs. 5 KStG 5 % der Dividenden als nicht abziehbare Betriebsausgaben außerbilanziell hinzuzurechnen sind.

Die rechtliche Argumentation des BFH ist schlüssig und einfach. Grundsätzlich ist eine gemeinnützige Körperschaft von der Körperschaftsteuer befreit, es sei denn sie unterhält einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG). Fraglich war daher im Revisionsfall, ob ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vorliegt oder nicht. In einem ersten Schritt ging der erkennende I. Senat der Frage nach, ob aus der Beteiligung der Klägerin an der B B.V. ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb hergeleitet werden kann. Dies ließ der Senat deshalb unbeantwortet, weil die Vorinstanz diesbezüglich den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt hat. In einem zweiten Schritt nahm der BFH jedoch deshalb einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb an, weil die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung erfüllt sind und eine Betriebsaufspaltung zu einer originären gewerblichen Tätigkeit führt und mithin eine Vermögensverwaltung ausgeschlossen ist. Obgleich die Tatbestandsvoraussetzungen einer Betriebsaufspaltung, nämlich die personelle und sachliche Verflechtung zweifelsfrei vorliegen, stellt der BFH zutreffend die Frage, ob eine grenzüberschreitende Betriebsaufspaltung überhaupt möglich ist. Diese Frage bejahte der erkennende Senat mit der Begründung, dass sich das Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung von der früheren vorherrschenden Intension einer Missbrauchsvermeidung losgelöst habe und nunmehr ein dogmatisch verselbständigtes Rechtsinstitut geworden ist. Die Annahme einer Betriebsaufspaltung führt zur Annahme einer originären gewerblichen Tätigkeit, so dass kein sachlicher Grund gegeben ist, bei der Qualifikation der Einkünfte des Besitzunternehmens danach zu differenzieren, ob der Gegenstand der sachlichen Verflechtung sich im Inland oder Ausland befindet. 

RA Claudius Söffing