Rückstellungen für Kosten eines zukünftigen Prozesses

Orientierungssatz: Rückstellungen für zukünftigen Prozesskostenaufwand für einen am Bilanzstichtag noch nicht anhängigen Prozess können grundsätzlich nicht gebildet werden.

Entscheidung:        BFH, Beschluss vom 11.11.2015 - I B 3/15

 

  1. Sachverhalt

In einem Beschluss betreffend eine Nichtzulassungsbeschwerde (NZB) war letztlich über die Rechtmäßigkeit einer gebildeten Rückstellung für Prozesskosten zu entscheiden. Die Beschwerdeführerin, eine Vertriebsgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH, unterhielt eine Geschäftsbeziehung zum Vertragspartner, der die Vertriebsvereinbarung im Jahr 2007 gekündigt hatte. Im März 2008 leitete die Beschwerdeführerin gegen den Vertragspartner das vertraglich vorgesehene Schiedsgerichtsverfahren ein. Die Beschwerdeführerin bildete bereits im Jahresabschluss auf den 31.12.2007 eine Rückstellung für Prozesskosten über ca. 0,5 Mio. Euro. Der Beschwerdegegner, das FA, erkannte die Rückstellung nicht an. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Da das Finanzgericht die Revision nicht zugelassen hatte, erhob die Beschwerdeführerin die NZB.   

  1. Entscheidungsgründe

Auch die NZB blieb der Erfolg versagt. Der BFH machte in seinem Beschluss deutlich, dass Rückstellungen für zukünftige Prozesskosten nicht aufgrund vorgelagerter Umstände gebildet werden dürfen. Unter Hinweis auf ein Senatsurteil (BFHE 180, 258, BStBl II 1996, 406) führte der erkennende Senat aus, dass grundsätzlich Rückstellungen nur für anhängige Prozesse gebildet werden können. Lediglich für etwaige Kosten eines noch nicht eingelegten Rechtsmittels gegen ein am Bilanzstichtag noch nicht ergangenes vorinstanzliches Urteil könnte eine Rückstellung dann gebildet werden, wenn sich aus der Gesamtwürdigung die tatsächliche Einlegung des Rechtsmittels am Bilanzstichtag nur noch als selbstverständliche  und daher rein formale Handlung darstellen würde. Ob dieser Sachverhalt bei der Einleitung eines vertraglich vorgesehenen Schiedsgerichtsverfahrens erfüllt wird, hätte die Beschwerdeführerin darlegen müssen. Für die Praxis ergibt sich aus der Entscheidung, dass der Zeitpunkt der Einlegung eines Rechtsbehelfs wohl erwogen werden muss und eventuell bei Jahreswechsel eine Klageerhebung noch im alten Jahr erfolgen sollte.